Die Verwendung der Neonicotinoide und von Fipronil in Pflanzenschutzmitteln wurde wegen der erheblichen Gefahr für Bienen und andere Insekten im Mai 2013 weitgehend eingeschränkt. Zuckerrüben waren bis einschließlich 2018 von dem EU-weiten Verbot der Saatgutbeizung mit Neonicotinoiden ausgenommen. Aber auch im Zuckerrübenanbau gelangen die Nervengifte in die Umwelt und stellen eine Gefahr für Blütenbestäuber und Biodiversität dar. Mellifera e.V. hat in Zusammenarbeit mit der Aurelia Stiftung im Januar 2018 einen Experten-Workshop zum Thema „Zuckerrüben ohne Neonicotinoide“ durchgeführt. Darauf aufbauend wurden praktische Handlungsempfehlungen für den naturnahen Zuckerrübenanbau entwickelt.
In Deutschland wurden im Zuckerrübenanbau bis 2018 weiterhin standardmäßig Neonicotinoide eingesetzt. Der Expertenworkshop von Aurelia und Mellifera hatte das Ziel, die gegenwärtige Pflanzenschutzpraxis im konventionellen Zuckerrübenanbau zu beleuchten. Es wurden Alternativen zum Pestizideinsatz diskutiert und erfolgreiche Praxisbeispiele für einen naturnahen Zuckerrübenanbau aufgezeigt. Auf Basis dieses Workshops wurden Handlungsempfehlungen für einen bienenfreundlichen Zuckerrübenanbau entwickelt und politische Forderungen abgeleitet.
Die Stellungnahme zu den Gefahren durch Neonicotinoide beim Anbau von Zuckerrüben können Sie hier nachlesen.
Mit Neonics gebeiztes Zuckerrüben-Saatgut
Deutschlandweit werden laut statistischem Bundesamt auf über 400.000 Hektar Zuckerrüben angebaut, was 3% der gesamten Ackerfläche der Bundesrepublik entspricht. Im konventionellen Zuckerrübenanbau, der etwa 99% der Anbauflächen beansprucht, ist die Anwendung von Pestiziden und insbesondere Insektiziden gängige Praxis.
Fakten und Zahlen
Hektar
Ackerfläche werden laut statistischem Bundesamt in Deutschland zum Anbau von Zuckerrüben genutzt.
Prozent
der Anbaufläche werden für konventionellen Zuckerrübenanbau bansprucht. Dabei werden Fungizide und Düngemittel eingesetzt und das Saatgut mit Insektiziden aus der Gruppe der Neonicotinoide gebeizt.
Neonicotinoid-Einsatz in der EU & Deutschland
Neonicotinoide sind synthetisch hergestellte, neurotoxisch wirkende Insektizide, die als Kontakt- und Fraßgifte wirken. Sie gehören zu den weltweit am häufigsten angewendeten Pestiziden. Die bekanntesten Wirkstoffe sind Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. Im Mai 2013 schränkte die EU-Kommission die Verwendung dieser Wirkstoffe und Fipronil in chemischen Pflanzenschutzmitteln ein. Unter anderem durften diese dann nicht mehr in blühende Pflanzenbestände gespritzt und Saatgut durfte nicht mehr gebeizt werden.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat 2013 das Ruhen der Zulassung für Neonicotinoide ab dem 1. Oktober 2013 angeordnet, und zwar für die Mittel, die zur Saatgutbehandlung von Raps vorgesehen sind, sowie für Mittel des Haus- und Kleingartenbereichs. Für vier Mittel, die für die gewerbliche Spritzanwendung in verschiedenen Kulturen zugelassen sind, wurden spezifische Anwendungs-Bestimmungen festgesetzt. Unverändert blieben jedoch die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen zur Saatgutbehandlung von Futterrüben, Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüsesaaten.
2018 wurde die Freilandanwendung der drei besonders bienengefährlichen Neonicotinoide verboten. Die Zuckerrübenindustrie drängte von Beginn an auf Ausnahmen für Zuckerrüben, unter nicht haltbaren Vorwänden. 2019 und 2020 war das Freilandverbot dieser drei Neonicotinoide wirksam und es gab zumindest in Deutschland keine Aussaat gebeizter Rübensamen. Für die bevorstehende Anbausaison 2021 hingegen erteilte das BVL eine sogenannte „Notfallzulassung“ für ein Thiamethoxam-haltiges Mittel zur Zuckerrübenbeizung in Deutschland. Durch unsere im Projekt gewonnene Expertise über pestizidfreien Zuckerrübenanbau, sowie der Gefahren durch Neonicotinoide, können wir uns qualifiziert am derzeitigen politischen Diskurs um „Notfallzulassungen“ beteiligen. Die politische Begleitung des Themas erfassen wir nicht im Rahmen des Projektes, sondern verstehen diese als Grundlage unseres gesellschaftlichen Engagements.
Neonicotinoide als Umweltgifte
Die wasserlöslichen Neonicotinoide gelangen in alle Teile der Pflanzen (Pollen, Nektar, Gutationssaft), in den Boden und belasten benachbarte Gewässer. Durch die unkontrollierte Verbreitung nach der Anwendung werden z.B. Schmetterlinge vergiftet. Im Fachmagazin Nature wurde eine Studie publiziert, welche die Abnahme von insektenfressenden Vögeln bei steigender Konzentrationen von Imidacloprid dokumentiert.
Die Projektskizze gibt es hier zum Download:
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