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Europäische Agrarpolitik (GAP) bedroht Umwelt und Artenvielfalt

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Das EU-Parlament hat am 24.04.2024 den Vorschlägen der EU-Kommission für eine Änderung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zugestimmt. Die Änderungen senken die Umweltschutz-Auflagen, die Landwirt:innen erfüllen müssen, um EU-Finanzhilfen zu erhalten. Damit brechen Kommission und Parlament mit der eigenen Strategie zum Schutz von Biodiversität und nehmen eine noch stärkere Belastung von Umwelt, Bestäubern und anderen Tieren durch die Agrarwirtschaf in Kauf.

Begründung für die Änderungen sind Vereinfachungen und weniger Bürokratie für Landwirt:innen sowie mehr Flexibilität bei der jeweiligen nationalen Umsetzung der Vorgaben in den Mitgliedstaaten. Damit reagiert die EU insbesondere auf die Proteste und Forderungen von Landwirt:innen. Umweltschutz-Organisationen blieben dagegen ungehört.

Rolle zurück im Eilverfahren

Mit der Entscheidung für die Lockerung der Umweltschutz-Auflagen heben EU-Kommission und Parlament die erst seit Beginn 2023 geltende, Ende 2021 nach mehrjährigen Verhandlungen beschlossene Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik teilweise wieder auf. Damit rückt auch das offizielle Ziel der GAP-Reform 2021, Umwelt, Klima und Biodiversität besser zu schützen, in noch weitere Ferne.

Um zu einem schnellen Ergebnis zu kommen, erfolgte die Bestätigung der GAP-Änderungen durch das EU-Parlament im Eilverfahren. Ausführliche Untersuchungen und wissenschaftliche Folgenabschätzungen zu den Änderungen gab es daher nicht.

Rückschritte bei der Gemeinsamen Agrarpolitik

Die Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik hebeln wichtige Regeln für Umwelt- und Naturschutz aus, obwohl diese als Teil dringender Lösungsansätze elementar für den Schutz von Biodiversität sind. Und obwohl sie die tatsächlichen Probleme vieler Landwirt:innen dadurch nicht ansatzweise lösen. Denn diese fordern vielfach nicht weniger Umweltschutzregeln, sondern Unterstützung bei der Bewältigung des Klimawandels und eine gerechtere Verteilung von Fördermitteln.

Die Änderungen umfassen insbesondere den Abbau der Grundanforderungen für guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ), die landwirtschaftliche Betriebe erfüllen müssen, um Subventionen zu erhalten. Unter anderem werden die Bereitstellung von Flächen zum Schutz der biologischen Vielfalt und der verbindliche jährliche Fruchtwechsel zum Schutz vor der weiteren Zerstörung der Bodenfruchtbarkeit abgeschafft. Auch die Regelungen zum Erhalt von Wiesen und Weiden werden stark reduziert.

Zusätzlich zur Lockerung der zu erfüllenden Grundanforderungen sollen kleine Betriebe mit bis zu zehn Hektar von Kontrollen und Sanktionen hinsichtlich der Einhaltung der GLÖZ-Standards ausgenommen werden. Somit bliebe das Brechen der ohnehin gelockerten Umweltschutz-Auflagen bei fast zwei Dritteln der Subventionsempfänger:innen folgenlos.

Die großen Profiteure der neuen Regelungen sind jedoch nicht die Landwirt:innen, sondern vor allem die Agrarkonzerne. Denn die Änderungen der GAP untermauern das bisherige, pestizidgestützte Agrarsystem, anstatt die Abhängigkeit von Pestiziden zu verringern.

Die vorgesehenen Lockerungen und die abgeschafften Kontrollen und Sanktionen bedeuten nicht nur mehr Umweltbelastung in der landwirtschaftlichen Praxis. Sie senden Agrarindustrie, Landwirt:innen und den Mitgliedstaaten zugleich die Botschaft, dass das umweltzerstörerische Agrarsystem zukunftsfähig sei.

Prof. Dr. Böhning-Gaese, Professorin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), bewertet die GAP-Änderungen aus wissenschaftlicher Perspektive: „Die geplanten Entscheidungen der EU können für jede Wissenschaftlerin und jeden Wissenschaftler mit Expertise in diesem Bereich nur mit Entsetzen zur Kenntnis genommen werden.“

Stimmen für den Umweltschutz bleiben ungehört

Die Aurelia Stiftung und viele andere Umweltschutzorganisationen, aber auch wissenschaftliche Stimmen hatten zuvor gegen die GAP-Änderung protestiert. Unter anderem im Rahmen eines von 69 Organisationen aus der ganzen EU unterzeichneten Briefs an die Mitglieder des EU-Parlaments, den Gesetzgebungsvorschlag abzulehnen. Aurelia hatte den vom Anti-Pestizid-Netzwerk PAN Europe initiierten gemeinsamen Brief als eine der ersten Organisationen unterzeichnet.

Doch im Gegensatz zur Agrar-Lobby und martialischen „Bauernprotesten“ blieben sie von der Mehrheit im EU-Parlament ungehört. Angesichts der Umweltschutz-Rückschritte durch die Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und der ebenfalls am 24. April bestätigten Pläne zur Deregulierung Neuer Gentechnik kann daraus nur eines folgen: zukünftig mit noch lauterer Stimme für den Schutz von Bienen, Bestäubern und Biodiversität einzutreten. Und das geht nur gemeinsam. Ob durch eine Spende, das Beteiligen an Aktionen oder das Unterzeichnen unserer Petitionen – seien Sie dabei!

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