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Absage an das Vorsorgeprinzip: Neue Gentechnik ohne Risikoprüfung

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Das EU-Parlament hat am 24. April 2024 mehrheitlich für die Deregulierung Neuer Gentechnik (NGT) gestimmt. Sollte sich diese Entscheidung im weiteren Gesetzgebungsprozess durchsetzen, könnte die Agrarindustrie Pflanzen, die durch Neue Gentechnik verändert wurden, ohne vorherige individuelle Risikoprüfung vermarkten – mit unkalkulierbaren Risiken für Bestäuber und das gesamte Ökosystem.

Damit tritt das EU-Parlament einerseits den Willen der Mehrheit der Bürger:innen mit Füßen. In einer repräsentativen Forsa-Umfrage etwa hatten sich 96 Prozent der Menschen in Deutschland für eine Risikoprüfung von NGT-Pflanzen ausgesprochen. Auch europaweit erwartet die überwältigende Mehrheit der Bürger:innen, dass Neue Gentechnik eine Sicherheitsprüfung durchläuft und als gentechnisch verändert gekennzeichnet wird.

Andererseits ignoriert eine Mehrheit aus rechten, konservativen und liberalen Abgeordneten mit dem Beschluss zur weitgehenden Deregulierung von NGT-Pflanzen auch die Bedenken von Umwelt- und Wissenschaftsinstitutionen wie der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ), des deutschen Bundesamts für Naturschutz (BfN), der französischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (ANSES) und anderer europäischer Umweltbehörden.

Briefe an Abgeordnete, Petitionen, Aktionen, Demos und direkte Appelle an Landwirtschaftsminister Özdemir und Bundeskanzler Scholz von der Aurelia Stiftung und vielen weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen konnten immerhin erreichen, dass die Abgeordneten mit knapper Mehrheit Kennzeichnungs- und Rückverfolgbarkeitspflicht für alle NGT-Lebensmittel beschlossen. Doch wie dies in der Praxis wirkungsvoll funktionieren soll, bleibt völlig unklar.

Große Risiken durch missachtetes Vorsorgeprinzip bei Neuer Gentechnik

Das Freisetzen gentechnisch veränderter Pflanzen birgt schwer kalkulierbare Risiken für das Ökosystem. Beispielsweise könnten Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und Bestäubern sowie anderen Insekten gestört und das Bienensterben vorangetrieben werden. Sollen gentechnisch veränderte Pflanzen mit neuen Eigenschaften freigesetzt werden, darf dies daher nur dann erfolgen, wenn durch eine sorgfältige individuelle Risikoprüfung Umwelt-Gefährdungen ausgeschlossen und diese Pflanzen im Fall der Fälle wieder aus der Umwelt zurückgeholt werden können.

Mit ihrem Vertrauen in die ungesicherten Versprechen der Agrarindustrie missachten EU-Parlament und EU-Kommission jedoch das gesetzlich verankerte Vorsorgeprinzip der EU. Dadurch riskieren sie eine nachhaltige Schädigung unseres über viele Millionen Jahre der Evolution herausgebildeten Ökosystems. Denn einmal freigesetzte NGT-Pflanzen und ihre Folgen, z. B. durch invasive Arten, lassen sich im Nachhinein nicht mehr ohne Weiteres zurücknehmen.

Der Aurelia Stiftung und vielen Umwelt- und Wissenschaftsinstitutionen, die eine individuelle Risikoprüfung für alle NGT-Pflanzen fordern, geht es nicht um eine Ablehnung von (neuer) Gentechnik, sondern um einen verantwortungsvollen Umgang mit der neuen Technik und den Schutz der Biodiversität.

Von der Deregulierung Neuer Gentechnik würden die großen Agrarkonzerne profitieren. Die Risiken für die ohnehin bedrohte Biodiversität und damit auch unsere Ernährungssicherheit hätten dagegen Mensch und Natur zu tragen.

Für die Aurelia Stiftung bedeutet das: Ärmel hochkrempeln und noch entschiedener gegen Lobby-Einflüsse und unverantwortliche Gesetzgebungen vorgehen! Wir überlassen die Zukunft unseres Planeten nicht den Partikularinteressen von Industrie und Politik. Helfen Sie uns dabei!

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