Die Europäische Kommission plant, das EU-Gentechnikrecht zu lockern. Gentechnikpflanzen, die mit Hilfe sogenannter „neuartiger genetischer Techniken“ wie CRISPR/Cas erzeugt wurden, könnten dann ohne Gentechnik-Prüfung und -Kennzeichnung auf die Felder und Teller gelangen. Seit Anfang Oktober haben bereits tausende Bürger*innen gegen dieses Vorhaben Einspruch erhoben.
Im Juli 2018 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass auch Pflanzen, die mit neuen Gentechnikverfahren wie CRISPR/Cas erzeugt wurden, dem geltenden EU-Gentechnikrecht unterliegen. Doch dies könnte sich bald ändern. Im vergangenen April legte die EU-Kommission einen Bericht vor, in dem sie deutlich macht, dass sie die EU-Gesetzgebung – ganz im Sinne der Agrarindustrie – deregulieren will, um „Innovation im Agrar- und Lebensmittelsystem zu ermöglichen“.
Gegen die Aufweichung des Gentechnikrechts hatte sich zuvor bereits ein Bündnis aus 94 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Verbänden ausgesprochen. Auch die Grünen, die SPD und die Linke befürworten die strikte Regulierung Neuer Gentechnik. Ebenso wie die großen Discounter und Bioketten, die gemeinsam verhindern wollen, „dass den Verbrauchern Gentechnik-Produkte untergejubelt werden, ohne dass sie diese erkennen können“, so Heike Moldenhauer vom gentechnikkritischen Wirtschaftsverband ENGA. Denn würden CRISPR/Cas-Pflanzen vom EU-Gentechnikrecht ausgenommen, wäre niemand mehr in der Lage, gentechnisch veränderte Lebensmittel zu erkennen und sich für eine gentechnikfreie Produktion und Ernährung zu entscheiden.
Gentechnik-Deregulierung stößt auf breite Ablehnung in der Bevölkerung
In einem ersten Schritt hat die Kommission die EU-Bürger*innen gebeten, sich zu ihren Plänen zu äußern. Obwohl die Möglichkeit der Beteiligung am Konsultationsprozess von der Kommission kaum öffentlich kommuniziert wurde, haben innerhalb von nur zwei Wochen tausende Bürger*innen der Kommission ihre Meinung gesagt. Dies ist insofern nicht überraschend, weil sich allein in Deutschland eine überwältigende Mehrheit von 81 Prozent der Bürger*innen für ein Verbot von Agro-Gentechnik ausspricht. Erst vor kurzem hatte sich auch das EU-Parlament gegen weitere Importzulassungen von Gentechnik-Pflanzen ausgesprochen.
Auch viele Wissenschaftler*innen warnen davor, die Risiken der Genschere CRISPR/Cas kleinzureden. Expert*innen verschiedener Umweltbehörden aus Deutschland, Italien, Österreich, Polen und der Schweiz plädierten erst im Mai dafür, ausnahmslos alle Pflanzen aus Neuer Gentechnik einer verpflichtenden Risikoprüfung zu unterziehen.
Bürgerbefragung der EU-Kommission läuft noch bis zum 22. Oktober
Um den Menschen den Einspruch zu erleichtern, hat die Aurelia Stiftung gemeinsam mit anderen gentechnikkritischen NGOs in ganz Europa ein Online-Formular eingerichtet, mit dessen Hilfe die Bürger*innen ihre Einwände zur geplanten Deregulierung Neuer Gentechnik schnell und unkompliziert bei der Kommission einschicken können.
Einwände sind noch bis zum 22. Oktober 2021 möglich.
Auf der Website www.biene-gentechnik.de kann ergänzend ein Appell an die zukünftige Bundesregierung unterzeichnet werden, die Deregulierung der Neuen Gentechnik und die gentechnische Bearbeitung der Honigbiene zu stoppen.
Jetzt mitmachen und Einspruch erheben!