Aurelia Stiftung und Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V. (DBIB) begrüßen die neu erlassene Anwendungsbeschränkung für Pestizide mit dem Neonicotinoid-Wirkstoff Acetamiprid und werten diese als einen wichtigen Schritt für den Schutz von Bienen und Imkereien.
Acetamiprid ist ein Insektizid aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide, die aufgrund ihrer besonderen Bienenschädlichkeit hochumstritten und bereits teilweise verboten sind. Im Rapsanbau wird Acetamiprid zur Bekämpfung des Rapsglanzkäfers angewendet. Der Einsatz von Neonicotinoiden in der Rapsblüte war bisher gängige Praxis, auch die acetamipridhaltigen Pflanzenschutzmittel Mospilan SG und Danjiri waren hierfür zugelassen. Dass solche Blütenspritzungen zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden bei Bienen und darüber hinaus zu problematischen Rückstandsbelastungen von Honig führen können, ist nachgewiesen. Ist der Honig übermäßig durch Pestizide belastet, wird er unverkäuflich und dadurch zu einem Existenzrisiko für die betroffenen Imkereibetriebe.
BVL reagiert auf öffentlichen Druck
Nach anhaltender Kritik unter anderem vonseiten der Aurelia Stiftung und des DBIB hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) endlich reagiert und eine Mitteilung veröffentlicht, dass ab sofort die Verwendung von Mospilan SG und Danjiri gegen den Rapsglanzkäfer eingeschränkt wird. Die Insektengifte dürfen ab sofort nur noch vor dem Öffnen der Rapsblüte gespritzt werden.
Der DBIB und die Aurelia Stiftung bewerten diesen Schritt als großen Erfolg für die gemeinsam betriebene Aufklärungsarbeit zum Schutz von bestäubenden Insekten und deutschen Imkereiprodukten – insbesondere dem allseits beliebten Rapshonig. Wir erwarten jetzt von den rapsanbauenden Betrieben, dass sie den neuen Vorschriften Folge leisten und keine acetamipridhaltigen Pestizide mehr in die Rapsblüte spritzen. Außerdem erwarten wir eine erhöhte Sensibilität und Rücksicht auf Bienen und Imkereien bei der Anwendung anderer Insektizide und Fungizide in der Rapsblüte.
Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin des Deutschen Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V., erläutert dazu: „Mehrfach haben wir uns bezüglich der Blütenspritzungen von Raps an das BVL und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gewandt. Immer wieder haben wir gefordert sicherzustellen, dass die EU-Bestimmungen zum Schutz der Bienen eingehalten werden und der Einsatz bienenschädigender Pestizide in blühenden Pflanzen verboten wird. Vor allem die unsägliche Spritzung in die Blüten haben immer wieder zu Bienenschäden und Pestizid-Rückständen im Honig geführt. Für uns ist die jetzt erfolgte Mitteilung des BVL ein wichtiger Erfolg. Unsere Forderung, die Anwendung von Acetamiprid in der Rapsblüte zu unterbinden, wurde endlich umgesetzt. Noch mehr Freude würde es uns bereiten, wenn das BVL auch noch die Notfallzulassungen von Insektengiften, die von der EU bereits verboten sind, generell unterbinden würde.“
Johann Lütke Schwienhorst, Agrarreferent der Aurelia Stiftung, erklärt: „Neben den bestäubenden Insekten und Imker*innen profitieren letztlich auch die Rapsanbauer selbst erheblich von der geschaffenen Klarheit, die das Anwendungsverbot von Acetamiprid in der Blüte mit sich bringt. Der Rapsglanzkäfer, gegen den dieser Wirkstoff zugelassen ist, richtet im Blühstadium ohnehin keinen Schaden mehr an. Der Schutz von Bestäubern liegt im ureigenen Interesse von Rapsanbauern und ist auf lange Sicht ertragsfördernd. Die bisherige Zulassung von Acetamiprid-Produkten wie auch die Werbung der Herstellerfirmen luden regelrecht dazu ein, diese Mittel auch gegen andere Rapsschadinsekten in die Blüte zu spritzen, gegen die Acetamiprid-Produkte gar nicht offiziell zugelassen sind.“
Weitergehende Schritte notwendig
Im Zuge der neu erlassenen Anwendungsbeschränkung sehen DBIB und Aurelia Stiftung weiteren dringenden Handlungsbedarf aufseiten der Behörden. Die Anwendungsbeschränkung in der Rapsblüte muss nun schnellstmöglich auch über die Landespflanzenschutzdienste und die Fachverbände an die rapsanbauenden Betriebe kommuniziert werden. Weiterhin ist ein konsequenter Vollzug der Anwendungsbeschränkung auch für die schon laufende Anbausaison zu gewährleisten. Nur wenn die Behörden konsequent auf Verstöße hin kontrollieren und diese nachverfolgen, kann die Haftungsfrage bei Acetamiprid-Grenzwertüberschreitungen im Honig zwischen Imkereien und Verursachern geklärt werden. Bisher bleiben Imkereien auf den fremdverursachten Schäden sitzen und müssen ihren verunreinigten Honig am Ende sogar noch auf eigene Kosten entsorgen.
Wir geben außerdem zu bedenken, dass die grundsätzlichen Defizite in der Pestizid-Produktzulassung, die überhaupt erst zu einer Zulassung von Acetamiprid-Produkten in der Blüte geführt haben, noch immer nicht behoben sind. Das BVL hat zum Beispiel das im Rapsanbau weit verbreitete Pyrethroid Karate Zeon (Hersteller Syngenta) wie auch schon Acetamiprid als „schädigend für bestäubende Insekten“ eingestuft und empfiehlt unverbindlich, diese Mittel vorzugsweise in den Abendstunden auszubringen, um Bestäuberpopulationen zu schonen. Im Widerspruch zu dieser sowie der neu erfolgten Auflage stuft das BVL beide Mittel aber weiterhin als „B4=Bienenungefährlich“ ein. An diesem von uns seit Langem angeprangerten Missstand ändert auch die neue Auflage für Acetamiprid nichts. Produkte wie Karate Zeon und andere für Bestäuber sowie Honigernten problematische Pestizide werden trotzdem weiter in der Rapsblüte zum Einsatz kommen. Blütenspritzungen bleiben grundsätzlich möglich und sind nach wie vor eine erhebliche Gefahr für Honigernten und für blütenbesuchende Insekten und somit für die Biodiversität. DBIB und Aurelia Stiftung setzen sich deshalb weiter für eine grundlegende Anwendungsbeschränkung von Pestiziden in blühenden Pflanzenbeständen ein.
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